DZPG: Psychische Gesundheit liegt beim Arbeitgeber

Die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in Unternehmen steigen weiter an. Das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) sieht die Verantwortung bei den Arbeitgebenden, denn die psychische Gesundheit sei keinesfalls reine Privatsache. Woran liegt der kontinuierliche Anstieg und was können Arbeitgebende tun?

Psychische Leiden steigen weiter

Die Zahlen sind hoch und steigen weiter: Mittlerweile werden 15% aller in Deutschland anfallenden Fehltage  auf seelische Erkrankungen zurückgeführt. Laut der Techniker Krankenkasse (TK) bilden psychische Erkrankungen die dritthäufigste Ursache für Krankschreibungen. Zudem liegt die durchschnittliche Krankheitsdauer bei psychischen Leiden mit 36 Tage weit über somatischen Erkrankungen mit zwölf Tagen, wie Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums aufdecken.

Natürlich hat Arbeit auch viele positive Effekte auf unsere Psyche: Sie gibt uns Stabilität, Sinnhaftigkeit und häufig die Möglichkeit zum sozialen Austausch. Macht das Arbeitsumfeld jedoch krank, leiden am Ende nicht  nur die Mitarbeitenden unter der Belastung, auch der wirtschaftliche Erfolg der Unternehmen kann Schaden nehmen. Das Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz gewinnt also zunehmend an Bedeutung, nicht nur für die Mitarbeitende, sondern auch für die Arbeitgebende.

Was sind Einflussfaktoren?

  • Arbeitsverdichtung: Der zunehmende Fachkräftemangel führt in vielen Branchen, insbesondere im Gesundheitssektor und öffentlichen Dienst, zu einer erhöhten Arbeitsbelastung. Angestellte müssen mehr Aufgaben in kürzerer Zeit bewältigen, was zu chronischem Stress und Erschöpfung führt​.
  • Technologischer Fortschritt: Obwohl neue Technologien Arbeitsprozesse effizienter machen können, sorgen sie auch für eine stärkere Arbeitsverdichtung und komplexere Aufgaben. Dies erhöht den Druck auf Mitarbeitende. Zudem kann ständige Erreichbarkeit durch digitale Kommunikation zusätzlichen Stress verursachen​.
  • Flexibilisierung der Arbeit: Homeoffice und flexible Arbeitsmodelle, die durch den technologischen Fortschritt ermöglicht werden, fördern oft soziale Isolation und Einsamkeit. Der fehlende direkte Kontakt zu Kolleg:innen kann das Zusammengehörigkeitsgefühl mindern und psychische Belastungen verstärken​.
  • Geringe Kontrolle und Jobunsicherheit: Arbeitnehmende, die wenig Einfluss auf ihre Arbeitsprozesse haben oder mit unsicheren Arbeitsverhältnissen konfrontiert sind, empfinden häufig stärkeren Stress. Mangelnde Autonomie führt zu einem Gefühl von Ohnmacht, das psychische Erkrankungen wie Angstzustände oder Depressionen begünstigen kann​.
  • Diskriminierung und Ungleichheit: Arbeitsplätze, an denen Ungerechtigkeit, Diskriminierung oder mangelnde Chancengleichheit herrschen, stellen ebenfalls ein hohes Risiko für psychische Belastungen dar​.
  • Performance-Druck: Der Druck, in kurzer Zeit hohe Leistung zu erbringen, nimmt in vielen Unternehmen zu. Der sogenannte “Performance-Druck” entsteht oft durch unrealistische Zielvorgaben, den Zwang zur kontinuierlichen Leistungssteigerung und die ständige Verfügbarkeit durch digitale Tools. Dies kann zu chronischem Stress, Schlafstörungen und letztendlich zu Erschöpfung und Depressionen führen.

Was können Arbeitgebende tun?

In der Forschung und Medizin wurden lange Einflussfaktoren wie die Resilienz und Coping Strategien der Beschäftigten ins Vision genommen. Das ist allerdings zu kurz gedacht. Die Verantwortung für das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden liegt auch bei den Arbeitgebenden, da die Arbeitsbedingungen erheblichen Einfluss auf die seelische Gesundheit der Beschäftigten haben. Neben grundsätzlichen Pflichten müssen Arbeitgebende also auch für eine gesund gestaltenden, bestenfalls sogar präventiv gesundheitsfördernden Arbeitsplatz sorgen. 

Ein zentraler Ansatz, um die psychische Gesundheit in Unternehmen zu fördern, ist die Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM). Hierfür gibt es wirksame Maßnahmen, von spezialisierten externen Anbieter:innen entwickelt, die ein ganzheitliches und gleichzeitig niedrigschwelliges Gesundheitsprogramm ermöglichen, um Arbeitgebenden unter die Arme zu greifen. Dazu zählen unter anderen folgende Angebote:

  • Workshops und Vorträge: Bieten den Vorteil, dass sie das Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeitenden stärken und praxisnahe Tipps vermitteln. Sie ermöglichen es, gezielt Wissen zu Gesundheitsthemen wie Stressmanagement, Ernährung oder Bewegung zu vermitteln und gleichzeitig eine offene Diskussionsplattform zu schaffen. Dies fördert nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern kann auch Ausfallzeiten reduzieren und die Leistungsfähigkeit steigern.
  • Gesundheitstage und -wochen: Bieten eine hervorragende Möglichkeit, in einem kompakten Zeitrahmen verschiedene gesundheitsfördernde Aktivitäten zu bündeln. Mitarbeitende können dabei neue Impulse für ihre eigene Gesundheit erhalten, indem sie an unterschiedlichen Aktionen und Angeboten teilnehmen. Für das Unternehmen bedeutet das eine gesteigerte Motivation und ein positiveres Arbeitsumfeld, da Mitarbeitende die Initiative als Wertschätzung ihrer Gesundheit empfinden.
  • Gesundheitschallenges: Motivieren Mitarbeitende durch Wettbewerb und spielerische Ansätze, ihre eigene Gesundheit aktiv zu fördern. Ob es um Bewegung, Ernährung oder Stressabbau geht – solche Challenges bringen Teams zusammen und schaffen ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Durch die regelmäßige Teilnahme verbessert sich die Gesundheit der Mitarbeitenden langfristig, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und Produktivität führt.
  • Gesundheitstrainings und Coachings: Bieten individuelle Unterstützung, um spezifische gesundheitliche Herausforderungen zu bewältigen. Mitarbeitende erhalten dabei die Möglichkeit, ihre körperliche und mentale Gesundheit gezielt zu verbessern. Für das Unternehmen bedeutet das nicht nur weniger krankheitsbedingte Ausfälle, sondern auch motiviertere und leistungsfähigere Mitarbeitende.
  • Digitale EAPs (Employee Assistance Programs): Ermöglichen es, rund um die Uhr auf professionelle Hilfe zuzugreifen, etwa bei psychischen Belastungen oder Stresssituationen. Diese niederschwellige und anonyme Unterstützung ist besonders wichtig, da Angestellte sofort und unkompliziert Hilfe in Anspruch nehmen können. Unternehmen profitieren, da sich solche Programme positiv auf die psychische Gesundheit auswirken und langfristig die Mitarbeiterbindung stärken.
  • E-Learnings zu Gesundheitsthemen: Bieten Flexibilität, da Mitarbeitende jederzeit und in ihrem eigenen Tempo wichtige Informationen zu Themen wie Ernährung, Stressbewältigung oder Bewegung abrufen können. Durch die digitale Verfügbarkeit wird eine hohe Reichweite erzielt, und das Wissen kann einfach in den Arbeitsalltag integriert werden. Für Unternehmen ergibt sich daraus ein nachhaltiger Vorteil, da gesunde Mitarbeitende langfristig leistungsfähiger und weniger anfällig für Erkrankungen sind.

Zudem ist es hilfreich und sogar gesetzlich vorgeschrieben, in regemäßigen Abständen eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung (GB Psych) im Unternehmen durchzuführen.