Let’s talk about it: Wie Stigmatisierung der Psyche schadet und was Unternehmen tun können

Psychische Erkrankungen betreffen weltweit Millionen Menschen und reichen von Depressionen über Angststörungen bis hin zu schweren Störungen wie Schizophrenie. Trotz zunehmender öffentlicher Aufklärung sind Menschen mit psychischen Erkrankungen häufig mit Stigmatisierung konfrontiert. In diesem Beitrag erfährst du, was du als Arbeitgebender gegen Stigmatisierung im Unternehmen tun kannst.

Die doppelte Belastung durch Krankheit und Stigmatisierung

„Psychisch Erkrankte sind arbeitsunfähig, inkompetent und gefährlich.“ Derartige, auf Stigmatisierung beruhende Aussagen, benachteiligen Betroffene und grenzen bewusst aus. Stigmatisierung belastet die Psyche der Betroffenen erheblich und erschwert häufig die Genesung. Diese soziale Ausgrenzung hat tiefgreifende Folgen, die sich nicht nur auf die Betroffenen, sondern auch auf die Gesellschaft und Arbeitswelt auswirken.

Sie führen dazu, dass Betroffene oft nicht als Individuen gesehen, sondern vielmehr auf vermeintliche Gruppenmerkmale reduziert werden. Solche Etikettierungen wirken sich auf mehreren Ebenen negativ aus:

  1. Psychische Belastung durch Selbststigma: Viele Betroffene verinnerlichen die gesellschaftlichen Vorurteile. Dieses Phänomen nennt sich Selbststigma und führt zu negativen Selbstwahrnehmungen wie „Ich bin krank, also bin ich minderwertig“. Diese Einstellung kann Krankheitssymptome verstärken und eine Spirale aus Demoralisierung und sozialer Isolation auslösen.
  2. Erschwerter Zugang zu Hilfe: Aus Angst vor Diskriminierung vermeiden viele Betroffene, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Studien zeigen, dass bis zu 80 % der Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie oder Depression Stigmatisierung erleben. Dies hindert sie nicht nur daran, offen über ihre Erkrankung zu sprechen, sondern auch daran, notwendige Therapien zu beginnen.
  3. Gesellschaftliche Isolation: Die Zurückweisung durch andere führt oft zu sozialer Isolation, die die Heilungschancen weiter verringert und das Risiko von Suizidgedanken erhöht. Expert:innen sprechen hier von der „zweiten Krankheit“, da die Last des Stigmas oft schwerwiegender ist als die psychische Erkrankung selbst.

Wege aus der Stigmatisierung

Forschungseinrichtungen wie das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit (DZPG) setzen sich aktiv dafür ein, Stigma in der Gesellschaft abzubauen. Unterschiedliche Initiativen fördern die öffentliche Diskussion und klären über psychische Erkrankungen auf, um Vorurteile zu reduzieren. Solche Programme können die Wahrnehmung in der Gesellschaft verändern und niedrigschwellige Hilfsangebote fördern, damit Betroffene schneller Zugang zu Unterstützung finden.

Was Unternehmen tun können

Der Arbeitsplatz ist ein wesentlicher Teil des Lebens vieler Menschen. Aus diesem Grund spielen Unternehmen eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Stigma gegenüber betroffenen Mitarbeitenden. Diskriminierung am Arbeitsplatz kann sich in Vorurteilen oder in der Befürchtung äußern, dass Offenheit negative Karrierefolgen haben könnte. Um dem entgegenzuwirken, können Unternehmen folgende Maßnahmen ergreifen:

  1. Workshops und Schulungen: Durch regelmäßige Workshops können Mitarbeitende und Führungskräfte für die Realität psychischer Erkrankungen sensibilisiert werden. Themen wie Aufklärung, Kommunikation und Vorurteilserkennung sollten integraler Bestandteil dieser Programme sein.

Workshop Let’s talk about it

Die move UP sagt dem Thema (Selbst-)Stigma den Kampf an und deckt in ihrem BGM-Workshop auf: Was bedeutet Stigma und wie kann man es vermeiden? Welche Erkrankungen gibt es, wie entstehen sie und wie kann ich helfen?

  1. Förderung einer offenen Unternehmenskultur: Eine klare Botschaft von der Unternehmensleitung, dass Diskriminierung nicht toleriert wird, ist essenziell. Es sollte eine Umgebung geschaffen werden, in der sich Betroffene sicher fühlen, über ihre Erkrankung zu sprechen.
  2. Niedrigschwellige Unterstützungsangebote: Arbeitgebende können anonymisierte Beratungsangebote und Kontaktstellen für psychische Gesundheit einrichten. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit externen Expert:innen oder Organisationen wie dem DZPG kann hier wertvolle Unterstützung bieten.
  3. Vorbildfunktion der Führungsebene: Führungskräfte, die offen über mentale Gesundheit sprechen, tragen wesentlich zur Entstigmatisierung bei. Solche Vorbilder können andere ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen und offen mit ihrer Situation umzugehen.

Die Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein wirtschaftliches Problem. Der Abbau von Vorurteilen ist eine Aufgabe, die Politik, Forschungseinrichtungen und Unternehmen gemeinsam angehen müssen. Indem wir uns für eine inklusivere und offene Gesellschaft einsetzen, können wir nicht nur das Leben der Betroffenen verbessern, sondern auch eine Kultur der Unterstützung und Akzeptanz schaffen – im privaten wie im beruflichen Umfeld. Es ist an der Zeit, dass wir alle gemeinsam sagen: „Let’s talk about it.“